Wer wie die Gartenkreuzspinne ein Netz aus feiner, klebriger Spinnseide ausspannt – kaum erkennbar und optimal ausgerichtet in der Flugbahn von Fliegen und Bienen –, der kann sich ohne Deckung weithin sichtbar in die Mitte des Netzes setzen und warten, bis sich ein Opfer darin verfängt. Wer allerdings kein solches Hilfsmittel hat, sondern „eigenhändig“ Beute fängt, der hat als Lauerjäger nur Erfolg, wenn er gut getarnt ist ... von Ute und Jürgen Schimmelpfennig

Ein Meister der Tarnung ist die Veränderliche Krabbenspinne: Sie verändert ihre Körperfarbe passend zur Farbe der Blüten, auf denen sie lauert. Allerdings ist das ein Privileg der erwachsenen Weibchen. Für sie ist es nämlich besonders wichtig, genügend Beute zu fangen, denn sie brauchen viele Nährstoffe, um Eier zu bilden. Zwei Farben stehen zur Auswahl: Weiß oder Gelb. „Von Geburt an“ ist die Spinne weiß, denn schon beim Jungtier enthält die Haut einen weißen Farbstoff. Erst wenn das Weibchen heranreift, bildet es auch noch einen flüssigen gelben Farbstoff, der zunächst in tiefer liegenden Zellschichten auf Vorrat gelagert wird.

Instinktiv sucht die weiße Krabbenspinne erst einmal weiße Blüten auf, zum Beispiel Margeriten oder die Dolden der Wilden Möhre. Dort ist sie gut getarnt und die Beute reichlich! Wird aber die Lauerjagd unergiebig, weil die Nektar- und Pollenvorräte für Fliegen, Bienen und Hummeln erschöpft sind und deshalb kaum noch jemand kommt, wechselt sie den Standort. Dabei steuert sie dank ihrer leistungsfähigen Augen gezielt weiße oder gelbe Blüten an. Fällt die Wahl auf eine gelbe Blüte, so beginnt ein erstaunlicher Vorgang: Gesteuert durch die Wahrnehmung der Augen senden Nervenimpulse den Befehl, die gelben Farbstoffe aus dem Körperinnern in die Zellen der äußeren Hautschicht zu verlagern. Die Krabbenspinne wird langsam gelb und ist erneut perfekt getarnt! Steht nach einigen Tagen wieder ein Ortswechsel an, zum Beispiel auf eine weiße Blüte, wird der gelbe Farbstoff zurück ins Körperinnere verlagert. Bleibt die Krabbenspinne dort längere Zeit, so wird der nicht gebrauchte gelbe Farbstoff mit dem Kot ausgeschieden. Allerdings kann er bei Bedarf neu gebildet werden, der Farbwechsel zu Gelb funktioniert dann wieder.

Acht Mal gute Sicht
Tarnung ist aber nicht die einzige hervorragende Eigenschaft der Veränderlichen Krabbenspinne. Während Netzspinnen eher kümmerliche Augen besitzen, sind die acht Augen dieses Jägers ohne Netz leistungsfähig. Sie sitzen in zwei übereinander liegenden Reihen vorne und seitlich am Kopf. Damit ist der Gesichtswinkel zu den Seiten und nach oben sehr groß. So erkennt die Krabbenspinne aus verschiedenen Richtungen ankommende Beutetiere, ohne Kopf oder Körper drehen zu müssen und damit eine verräterische Bewegung zu machen.

den vollständigen Artikel finden Sie in Ausgabe 133