Einblicke ins Leben von Thecadactylus rapicauda

24. April 2025

In feuchten Wäldern des tropischen Amerikas, zwischen Ästen, Rinde und Felswänden, lebt ein Spezialist für Hinterhalte: der Rübenschwanzgecko (Thecadactylus rapicauda), ein wilder, generalistischer Jäger, dessen Anpassungsfähigkeit ihm eine große Rolle in der komplexen Gilde des nächtlichen Dschungels eingebracht hat.

Mit einer maximalen Länge von 22,5 cm ist T. rapicauda der größte Gecko des amerikanischen Kontinents und wird in der Neuen Welt nur von Aristelliger lar übertroffen, dem Riesengecko von Hispaniola. Von anderen lidlosen Echsen unterscheidet sich T. rapicauda durch ihre teilweise mit Schuppen bedeckten Krallen, ein charakteristisches Merkmal der Gattung. Darauf bezieht sich der Name Thecadactylus, vom griechischen „theke“, was „Umhüllung“ bedeutet, und „daktylos“ für „Finger“.

Bemerkenswert ist die Fähigkeit dieses Geckos, die Farbe zu ändern, eine geheime Strategie, mit der er das Risiko verringern kann, einem Fressfeind zum Opfer zu fallen. Über die Tarnung hinaus ist diese Veränderung jedoch auch eine Reaktion auf Faktoren wie Stress und Temperatur. Unter Stress kann sich seine Farbe abrupt ändern, während er bei Temperaturschwankungen dazu neigt, dunkler zu werden, möglicherweise um ein breiteres Spektrum an Strahlung zu absorbieren und seine Wärmeregulierung zu optimieren.

Das Artepitheton rapicauda setzt sich aus den lateinischen Wörtern rapum für „Rübe“ und cauda für „Schwanz“ zusammen und spielt auf die besondere Form an, die Schwanzregenerate annehmen, wenn der Originalschwanz abgeworfen wurde: sie sind zur Basis hin deutlich verdickt und erhalten dadurch dieses knollenartige Aussehen. Der Schwanz von T. rapicauda ist ein multifunktionales Werkzeug, das als Fettreserve für Zeiten der Knappheit und als Abwehrmechanismus dient. Doch bevor sich der Gecko im Notfall dazu entschließt, ihn per Autotomie abzuwerfen, kann er ihn als Warnung aggressiv schnell bewegen. Dieses Signal kombiniert er mit der Zurschaustellung seines offenen Mauls und seiner blauen Zunge, um Angreifer einzuschüchtern. Interessanterweise wurde beobachtet, dass T. rapicauda in Ruhe eine zusammengerollte, schlangenartige Haltung einnimmt, die nicht nur potenzielle Fressfeinde abschreckt, sondern auch Angriffe durch Vögel auf seinen Schwanz statt auf seinen Kopf umlenkt und ihm so eine Chance zur Flucht gibt.

Abgesehen von in Amerika invasiven Arten wie dem Tokeh scheint der Rübenschwanzgecko eine der wenigen ausschließlich nachtaktiven Echsenarten zu sein, die in der Neotropis heimisch sind. Einige Autoren vermuten, dass dieser Mangel an Vielfalt nachtaktiver Echsen durch die enorme Vielfalt an Froschlurchen erklärt werden könnte, die nachts in gleichem Ausmaß um dieselben Nischen konkurrieren. Wenn das zutrifft, hätte T. rapicauda den Wettbewerb hervorragend gemeistert.

Untersuchungen des Mageninhalts wild lebender Exemplare bringen eine Tatsache ans Licht: Der Rübenschwanzgecko ist der Schrecken der unzähligen kleinen Tiere im Gebiet wo er lebt, denn er ernährt sich überraschend abwechslungsreich und opportunistisch. Obwohl Insekten, insbesondere Heuschrecken und Schmetterlinge, den größten Teil seiner Nahrung ausmachen, ist er nicht auf diese beschränkt, sondern in der Lage, auch Spinnen, Tausendfüßler und Skorpione zu jagen. Doch damit ist seine Gefräßigkeit noch nicht erschöpft: Es wurde beobachtet, dass er gelegentlich auch kleine Amphibien und sogar kleinere Echsen verspeist.

Der Rübenschwanzgecko hat eine ausgeprägte Vorliebe für große Beutetiere, die er mit einer brutalen Technik überwältigt: Er schlägt sie wiederholt gegen die Oberfläche, bevor er sie im Ganzen verschluckt. Es wird vermutet, dass diese Notwendigkeit, größere Beutetiere festzuhalten, die Entwicklung seiner besonders starken Haftpolster beeinflusst haben könnte, die es ihm ermöglichen, sich beim Überwältigen seiner Opfer fester an vertikalen Oberflächen festzuhalten.

Interessanterweise teilt dieser Gecko seine Nische mit Vogelspinnen der Gattung Avicularia. Dabei konkurrieren sie nicht nur um Nahrung, sondern fressen sich in einem unerbittlichen Spiel zwischen Jäger und Beute manchmal gegenseitig auf.

Text und Fotos von Jorge Cañas-Orozco (Übersetzung von Kriton Kunz)

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