Editorial 172

28. März 2025

Die Haltung von Molchen und Salamandern führt uns direkt zu den Ursprüngen und in die Zukunft der Terraristik.

Nicht umsonst hieß die erste rein terraristische Vereinigung in Deutschland „Der Salamander“, gegründet vor 109 Jahren von Willy Wolterstorff, der den hübschen Kosenamen „Molch-Vater“ trug und am Naturkundemuseum in Magdeburg intensiv sowohl wissenschaftlich als auch terraristisch mit eben Schwanzlurchen gearbeitet hat. Vor 61 Jahren dann wurde aus dem „Salamander“ die Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT), heute die weltweit größte Vereinigung von Terrarianern und Herpetologen, deren Logo-Tier seit ihrer Gründung ein Feuersalamander ist und deren wissenschaftliche Flaggschiff-Zeitschrift „Salamandra“ heißt.

Trotzdem führte die Schwanzlurchhaltung im bunten Panoptikum der Terraristik lange Zeit ein eher verstecktes Dasein, fast ein wenig im Untergrund, ihren Pfleglingen nicht ganz unähnlich: oft unsichtbar, aber, wenn man mal einen ihrer Vertreter zu Gesicht bekommt, von ungeahnter Pracht. Die jährliche Schwanzlurchtagung der AG Urodela gehört seit Jahrzehnten zu den am besten besuchten Fachtagungen im terraristischen Umfeld, nur blieben die Molchler dabei in aller Regel weitgehend unter sich. So hat sich eine exzellent organisierte Parallelterraristik etabliert, die mit großem Erfolg erstaunlich viele Arten dauerhaft und erfolgreich hält, züchtet und dabei richtungsweisend vorgegangen ist: Das „Molchregister“ der AG war eine der ersten Strukturen der Terraristik, um gezielte Arterhaltungszuchten zu betreiben und um Daten über hiesige Nachzuchterfolge zu sammeln. Die hervorragende internationale Vernetzung auf europäischer Ebene tat ihr Übriges.

In den letzten Jahren ist die Schwanzlurchhaltung aus ihrem Schattenreich wieder zunehmend ins Zentrum der Terraristik gerückt. Dazu hat sicherlich die Energiekrise beigetragen, denn während die Halter von tagaktiven Echsen oder tropischen Schildkröten unter der Stromrechnung ächzen, kann der Urodelenfreund gelassen mit den Schultern zucken – die Haltung seiner Tiere erfordert kühle Räume und maximal ein paar Leuchtstoffröhren und Aquarienpumpen. Mit dem Watt-Einsatz einer ganzen Molch-Anlage kann man in der Regel nicht mal ein einziges Leguanterrarium betreiben …

Ins Zentrum des Interesses wurden Molche und Salmander auch durch eine höchst bedrohliche Entwicklung gerückt: Der vor 12 Jahren erstmals aus den Niederlanden wissenschaftlich beschriebene Salamanderfresser-Pilz Bsal rückt unaufhaltsam in Deutschland vor, zuletzt erreichte er Hessen und Ostwestfalen. Seine Wirkung auf Feuersalamander ist fatal, infizierte Tiere scheinen sicher zu sterben, ganze Populationen sind zusammengebrochen, das Überleben der Art in Deutschland scheint ernsthaft gefährdet. Auch manch andere Schwanzlurche sind betroffen, wie etwa der Kammmolch, wenn auch nicht ganz so dramatisch. Welchen Schaden der Pilz beim Alpensalamander und vor allem seinen extrem kleinräumig verbreiteten Unterarten und nahen Verwandten anrichten kann, mag man sich gar nicht vorstellen.

Jetzt schlägt plötzlich die Stunde der Urodelenhalter. Sie haben mit ihrer Expertise und ihrem Engagement in den letzten 130 Jahren nämlich das nötige Wissen gesammelt, wie man diese Amphibien artgerecht halten und zur Nachzucht bringen kann. Wodurch sie nun möglicherweise zu ihren Rettern werden, wenn im natürlichen Lebensraum der Pilz die frei lebenden Bestände vernichtet. In Erhaltungszuchten wie Citizen Conservation, aber auch lokalen Initiativen, die sich nun gemeinsam über das im letzten Jahr auf Initiative von CC neu gegründete Feuersalamander. NET vernetzen, kann die Art in ihrer großen natürlichen Vielfalt zumindest im Terrarium erst einmal überdauern, bis der Sturm sich draußen hoffentlich eines Tages gelegt hat oder bis geeignete Maßnahmen gegen den Pilz gefunden wurden.

Die Grundlage dafür haben engagierte Hobbyhalter gelegt. Mit Walter Wiest und Stefan Greff haben wir zwei der aktivsten und erfahrensten von ihnen gewonnen, ein Titelthema rund um Aufzucht und Ernährung von Schwanzlurchen zu gestalten. Mehr Terrarienpraxis geht nicht.

Ich wünsche viele Aha-Effekte und Freude bei der Lektüre,

Durch Abo zum Terraristikexperten!