Editorial 170

29. November 2024

1996 erschien die REPTILIA das erste Mal. Das bedeutet, dass wir mit dieser Ausgabe unseren 29. Jahrgang abschließen – und uns darauf freuen, dann im nächsten Jahr die durchaus beeindruckende 30 vorne auf das Cover drucken zu können. 29 Jahrgänge, 170 Hefte rund um die Terraristik – da sollte man meinen, dass inzwischen alle relevanten Themen auf die eine oder andere Art behandelt worden sind.

Von wegen! Schmetterlinge sind für uns tatsächlich Neuland. Und das, obwohl die REPTILIA von Anfang an auch wirbellose Terrarientiere in ihr Themenspektrum eingeschlossen hat. Nun existieren zweifellos massenhaft Wirbellosengruppen, die hier noch nie gewürdigt wurden – nur werden die eben in aller Regel auch nicht bei uns gehalten. Bei Schmetterlingen ist das anders. Es gibt sogar eine regelrechte Schmetterlingsszene, wie ich auch etwas überrascht bei den Arbeiten zum Titelthema dieser Ausgabe lernen durfte. Kollege Kriton Kunz und sein Sohn Francisco Kunz Calgua, unser Video-Star vom REPTILIA-You-Tube-Channel, sind ja immer gut für die etwas anderen Terrarienbewohner, aber diesmal haben sie es gar nicht nur auf kleine, braune, vergraben lebende oder sonst wie unsichtbare Tiere abgesehen, sondern im Gegenteil: auf besonders bunte, auffällige, ästhetische Wesen – Schmetterlinge eben. Aber natürlich, so viel Traditionstreue muss sein, auch auf ihre graubraunen, nachtaktiven Cousinen, die Motten, wie wir Normalsterbliche sie nennen. Dass von denen einige exzellente Futtertiere abgeben, hat ausgerechnet ihnen in der Terraristik dann doch einen Stammplatz eingebracht – „Wachsmotten“ jedenfalls habe ich schon in den 1980ern gezüchtet.

Dass Schmetterlinge aber nicht nur filigran durch die Gegend flattern, sondern in ihrer Jugend mitunter ein höheres Vandalismuspotenzial haben als die übelste Hooligan-Gang, wissen wir nicht erst seit der Raupe Nimmersatt. Daher ist auch die Frage des Schadens, den unsere Pfleglinge oder Futtertiere anrichten können, wenn nicht sachgerecht und sorgfältig mit ihnen umgegangen wird, von großer Bedeutung. Wer Heimchen verfüttert, kennt das Problem … Bei den in letzter Zeit als „hornworms“ oder „Hornwürmer“ auch in der breiteren Terraristik zunehmend gefeatureten Raupen des Tabakschwärmers ist diese Gefahr bislang noch gar nicht in der Diskussion angekommen. In ihrem Monumentalartikel zu dieser Art weisen Kriton und Francisco neben vielen faszinierenden biologischen Facetten auch auf das Risiko hin, dass diese Art mit sich bringt – denn dieser Schmetterling ist nicht nur ein beeindruckendes Schautier und eben ein exzellenter Futtertierfabrikant, sondern auch ein handfester Ernteschädling, der nicht ins Freie gelangen darf. Höchste Zeit also, auch darauf in der gebotenen Nachdrücklichkeit hinzuweisen!

Wer es lieber traditioneller mag, kommt in dieser REPTILIA natürlich auch auf seine Kosten: Unsere Artikel zur Haltung und Nachzucht des spektakulären Anatolischen Kammmolchs oder der vielen als unhaltbar geltenden, aber eben doch erfolgreich zu pflegenden Glatten Grasnatter stellen interessante „klassischere“ Terrarientiere vor. Und wer angesichts der deprimierenden Weltlage gerade einfach mal eine Weile „Ich bin dann mal weg“ sagen und auf den berühmten Jakobsweg aufbrechen möchte, dem empfehlen wir den Reisebericht von Andreas und Claudia Schäberle in diesem Heft, denn selbst beim Pilgern kann man Amphibien und Reptilien suchen …

Ich wünsche angenehme Lektüre, frohe Festtage und ein gutes, ach was: besseres neues Jahr – mit dem dann 30. Jahrgang der REPTILIA!

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