Editorial 169

27. September 2024

Ich lernte Björn Encke kennen, als er vor fast 20 Jahren als eine Art rasender Reporter für das ZDF-Morgenmagazin eine kleine Filmreihe über „Tiere im Sommer“ gedreht hat, und als alter Terrarianer und Abkömmling einer Zoo-Dynastie konnte er darin auch einen Beitrag über Chuckwallas lancieren. So landete er mit einem Drehteam bei mir, setzte sich kurzerhand unter die Osram-Ultravitalux in meinem Chuckwalla-Großterrarium und produzierte einen launigen kleinen Filmbeitrag, mit dem wir einigen Spaß hatten (siehe Brutkasten in REPTILIA Nr. 55, Oktober 2005). Später wechselte er in den Zoo Magdeburg, wohin er mich zu einem Vortrag einlud. Ich übernachtete bei ihm, und nach einigen Bieren legte er spät nachts plötzlich eine Reihe von Zeichnungen auf den Tisch, die ich mir doch mal anschauen und dann sagen sollte, was ich davon hielt. Es waren Pläne für einen Amphibienzoo, um endlich mal Frösche & Co. nicht nur nebenbei in Terrarienhäusern zu zeigen, sondern ähnlich den Schauaquarien als eigene Hauptattraktion, modern gestaltet, groß gedacht. Was ich davon hielt, ist ja klar: großartig! Was ich dazu dachte, war: „Das wird doch nie was. Vielleicht war es doch ein Bier zu viel.“

War es aber gar nicht. Björn blieb dran an der Idee, und schließlich gründeten wir gemeinsam mit einigen weiteren handverlesenen Mitstreitern, darunter der leider verstorbene Amphibienmediziner Frank Mutschmann sowie Mark-Oliver Rödel, Kurator und Lurchexperte des Museums für Naturkunde Berlin, vor genau zehn Jahren, im Herbst 2014, den Verein Frogs & Friends. Wir wollten eine Art PR-Agentur für Lurche sein, um angesichts der Amphibienkrise die Öffentlichkeit stärker für diese wenig beachtete, aber umso dramatischer bedrohte Tiergruppe zu interessieren. Es folgten Ausstellungen in den Zoos von Wien, Köln und Zürich, eine umfangreiche Website mit einer großen, interaktiven Web-Doku, Video-Reportagen, und schließlich ersannen Björn und ich 2017 das Projekt Citizen Conservation. Wir sind beide der Überzeugung, dass wir mit den privaten Terrarianern einen großen Schatz an Engagement, Expertise und Kapazitäten haben, der von immenser Bedeutung für Erforschung und Schutz von Amphibien und Reptilien ist. Und dass dieser Schatz gehoben werden muss, um koordinierte Erhaltungszuchten für bedrohte Arten aufzubauen. Gemeinsam mit den Profis, den institutionellen Haltern, den Zoos. Viel zu lange haben sich die Gruppen eher misstrauisch beäugt – viele Terrarianer trauen den Zoos die oft filigrane Pflege ihrer Arten nicht zu, während umgekehrt manche Zoomitarbeiter der privaten Haltung von Wildtieren grundsätzlich skeptisch gegenüberstehen oder zumindest nicht öffentlich kommunizieren wollen, dass natürlich auch die Zoos auf die Zuchterfolge von Privaten immer wieder zurückgreifen – während die Wildtierhaltung von außen immer stärker unter Beschuss gerät. Mit CC wollten wir dem entgegensteuern. „Haltung rettet Arten“ wurde unser Claim, es gelang uns, Zoos und Private, vertreten durch die DGHT, für das Projekt zu begeistern, und nach einer fünfjährigen Pilotphase und fast zwei Jahren als eigene gemeinnützige Organisation können wir festhalten: es klappt. Rund 30 Arten hochbedrohter Amphibien, Fischen und Reptilien werden von CC inzwischen betreut.

In dieser Zeit kam auch der Zoo Hannover auf Frogs & Friends zu, um ein Haus für Amphibien konzeptionieren zu lassen. Das war zwar noch nicht ganz Björns eigener Amphibienzoo, aber ein ganzes Amphibienhaus in einem richtigen Zoo kommt dem ja schon ziemlich nahe. Inzwischen ist das Amphibium eröffnet und für die Öffentlichkeit zugänglich. Prominent darin vertreten: CC und private Terrarianer als aktive Helfer im Artenschutz. Das ist zweifellos ein Meilenstein für die engagierte private Terraristik. Über dieses erstaunliche und einmalige Projekt berichtet Björn Encke im Titelthema dieser REPTILIA.

Daneben gibt es natürlich noch weitere spannende Beiträge, etwa zur erfolgreichen Nachzucht des ebenfalls bedrohten Biak-Warans von Esther Laue, neue Möglichkeiten zur Verbesserung der Nährwertqualität von Lebendfutter bis zum biologisch grundierten Vergleich der Vipernarten einmal um die Welt von Oliver Krug.

Viel Freude bei der Lektüre wünscht:

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