Editorial 166

29. März 2024

Das Zusammenstellen unseres Terminkalenders bereitet mir im Moment besondere Freude. Es ist schön zu sehen, wie viele Terrarianertreffs nach der Corona-Depression und einer allgemein schon zuvor zu spürenden Vereinsmüdigkeit wieder überraschend aktiv geworden sind. Die Szene wirkt zwar etwas gerupft und geschrumpft, und noch immer scheiden hier und da altbekannte Veranstaltungen aus, aber insgesamt kommt sie mir gerade so vital vor wie seit vielen Jahren nicht mehr. Und es hat etwas angenehm Beruhigend- Familiäres, wenn man durch die Programmankündigungen streift und überall alte Bekannte wiederfindet, sei es als Veranstalter vor Ort, sei es als Vortragende. „Ach guck“, denkt man da, „jetzt ist er also auch dort gewesen und hält einen Vortrag darüber.“ Oder auch: „Mensch, das hat sie doch schon vor zehn Jahren erzählt! Aber schön, dass sie dabei geblieben ist!“ Und natürlich: „Wow der hat doch damals als kleiner Junge seinen ersten Artikel in der REPTILIA geschrieben, und nun leitet er eine eigene Stadtgruppe!“ Man merkt daran nicht nur, dass man selbst älter wird, sondern auch, dass die Terraristikszene eben tatsächlich etwas Familiäres hat. Wenn man lange genug dabei ist, kennt man über Bande mehr oder weniger fast alle Aktiven, und sei es, weil man schon mal von ihren fantastischen Vorträgen gehört hat.

Viel wird ja geunkt, die jungen Leute interessierten sich nicht mehr für persönliche Treffen. Wegen Instagram und Tiktok. Ich glaube das nicht. Ich bin der festen Überzeugung, das persönliche Erleben von anderen Freaks abends bei einem Bier, wenn sie live über ihre Abenteuer auf Reisen oder ihre Erfolge in ihren Terrarienkellern berichten, ist letztlich durch nichts zu ersetzen, durch keine Facebook- Gruppe und keinen Youtube-Kanal. Dabei bin ich überhaupt nicht kulturpessimistisch. Das sind ja alles ganz schöne Sachen, die uns das Internet da bereitstellt. Und ich warte gespannt, was die KI uns noch so alles bringen wird. Kann sie bald die Editorials der REPTILIA schreiben? Mag sein. Aber wollen Sie die dann lesen, wenn ein Algorithmus sie nach irgendwelchen Wahrscheinlichkeiten berechnet hat? Oder freut es Sie doch eher, handgemachte Zeilen von jemandem zu lesen, dem sie schon mal bei einem Vortragsabend persönlich begegnet sind und dessen Weg Sie über die Jahre eben auch immer mal wieder verfolgt haben? Selbst wenn seine Syntax mitunter etwas aus dem Ruder läuft? Ich bin auch da ganz optimistisch. Menschen interessieren sich letztlich eben doch vor allem für andere Menschen – und für Amphibien, Reptilien und Wirbellose natürlich …

Aber apropos über lange Zeit begleiten und den Werdegang beobachten: Das Vergnügen haben REPTILIA-Leser jetzt ja ohnehin auch noch auf andere Weise. Wer schon lange dabei ist, erinnert sich vielleicht noch an den „Brutkasten“, den ich vor etwa zwanzig Jahren geschrieben habe und in dem ich die erstaunliche Geschichte aufschrieb, wie mein Redaktionskollege Kriton Kunz, als es mir ein einziges Mal gelungen war, ihn aus seiner Höhle in Speyer auf eine Tagung herauszulocken, dort gleich die Frau seines Lebens fand. Ich bin ja eher ein etwas nüchterner Typ, aber das muss so was wie Liebe auf den ersten Blick gewesen sein, denn die beiden konnten sich noch nicht einmal unterhalten, weil Ana Lucia aus Guatemala stammt, damals nur zu Besuch bei in Deutschland lebenden Verwandten war und kein Deutsch sprach, während Kriton kein Spanisch konnte. Und da gab es noch nicht mal den Google-Translator! Tja, und bald darauf waren sie verheiratet, bekamen zwei Söhne, und mit denen reist Kriton heute durch das Land der einen Hälfte ihrer Familie und erlebt mit ihnen aufregende Herping-Abenteuer, über die der Clan im Titelthema dieser Ausgabe berichtet. Und Sohn Francisco kennen Sie sowieso schon, von seinem spektakulären, eindrucksvollen Autoren-Debüt vor einem halben Jahr mit dem großen Titelthema über die Invasion der Ochsenfrösche und natürlich von den ebenso unterhaltsamen wie kurzweiligen Videos auf dem – na eben! – Youtube-Channel der REPTILIA. Kennen Sie nicht? Na, dann aber hurtig, auf ins Internet und mal reinschauen! Das lohnt sich ebenso sehr, wie in die gute, alte, gedruckte REPTILIA zu schauen. Und so soll es doch gerne auch weiterhin bleiben. Das würde auch Chat GPT empfehlen!

Viel Spaß bei Lektüre und Anschauen wünscht:

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