Während ich dieses Editorial schreibe, höre ich im Hintergrund die Schakale heulen. Obwohl, „heulen“ trifft es eigentlich nicht, es klingt mehr „wie das Giggeln betrunkener Fünfzehnjähriger“, wie der Vermieter unseres Ferienhauses hier treffend bemerkte.
Eigentlich hätte ich um diese Zeit in der Kalahari in Namibia sitzen wollen, nun ist es also der Peloponnes in Griechenland. Ein erfreulich coronafreies Land, das die Pandemie mit frühen, konsequenten Maßnahmen gut in den Griff bekommen hat, während andernorts Zauderer und Maskengegner zu desaströsen Infiziertenzahlen führten. Die Griechen dagegen können jetzt den Lohn ihrer Mühen einstreichen und die Feriensaison 2020 noch einigermaßen über die Bühne bringen. Wobei es schon ein wenig seltsam ist, an die touristischen Brennpunkte zu reisen und dort kaum Menschen anzutreffen. Bei der Besichtigung der historischen Olympia-Stätte waren wir fast die einzigen Besucher, wo sich sonst Tausende zwischen Zeus-Palast und Fünfkampf-Arena herumschieben. Eine so außergewöhnliche Erfahrung, wie auch dieses Jahr bislang höchst außergewöhnlich war.
Viele Terrarianer, die ja traditionell äußerst reisefreudig sind, mussten ihre geplanten Trips in diesem Frühjahr absagen, und auch die Fernreisen im Sommer in die Biotope unserer Lieblinge mussten storniert werden. Für manche eine Gelegenheit, die nähere Umgebung neu oder überhaupt mal zu entdecken. Wie in meinem Fall. Als alter Leguanfreund habe ich, seit ich alleine reisen konnte, fast alle Touren auf den amerikanischen Doppelkontinent unternommen; erst in jüngster Zeit dann habe ich mich davon ein wenig gelöst, um aber dafür das unter Terrarianern legendäre Australien zu entdecken, und mit Namibia wollte ich jetzt den Horizont nochmals erweitern.
Stattdessen bin ich nun also in Griechenland gelandet, wo ich ebenfalls nie zuvor war. Dabei kommt mir vieles hier so vor, als wäre ich ein alter Hellas-Hase. Und zwar dank der REPTILIA. Unser „Hausfotograf“ Benny Trapp hat nicht nur ein (inzwischen leider nicht mehr erhältliches) wunderbares Buch über die Herpetofauna dieses charmanten südeuropäischen Landes geschrieben, das zu lektorieren ich die Freude hatte, sondern auch zahlreiche Artikel in der REPTILIA, besonders über das Projekt zum Erhalt der einzigen Population von Chamaeleo africanus in Europa, in dem er jahrelang engagiert mitgearbeitet hat. Schön, das alles nun einmal selbst mit eigenen Augen zu sehen, nachdem ich so viel darüber gelesen habe.
„Wir bleiben zu Hause“, lautet also das Motto, denn Griechenland ist für mich als überzeugter Europäer genauso sehr Zuhause wie meine Heimatstadt Münster, meine Wahlheimat Berlin oder, sagen wir, Sachsen oder Saarland. Von nationalem oder gar völkischem Gedöns habe ich nie etwas gehalten. Was für eine Freude, dass die Grenzen nun wieder offen sind, egal ob nach Mecklenburg- Vorpommern oder eben nach Südeuropa.
Aber auch, wer nicht so viele Kilometer zurücklegen möchte in diesem besonderen Jahr, kann tolle Herping-Touren erleben. Darüber berichtet genau jener Benny Trapp in dieser REPTILIA und zeigt, dass auch Wuppertal oder andere Regionen vor der Haustür lohnende Exkursionsmöglichkeiten für Amphibienund Reptilienfreunde bieten. Trübsal blasen gilt also nicht, es gibt viel zu entdecken, ob am Peloponnes oder im Bergischen Land. Schön ist es, wo Kröten rufen und Eidechsen huschen. Und glücklich, wer selbst in Zeiten von Kontaktbeschränkungen und Lockdowns die weite Welt zu Hause im Terrarium hat. Der Wert unseres schönen Hobbys ist vielen in den letzten Monaten wohl noch einmal richtig bewusst geworden. Denn wir wissen immer, was wir zu Hause noch alles tun können, und wir haben über unsere Pfleglinge stets eine Verbindung nach draußen.
Auch der Wert, den die REPTILIA für viele Leser hat, ist erfreulicherweise in dieser Krise deutlich geworden. Es waren wirtschaftlich extrem harte Monate für uns, durch den Wegfall von Kiosk und Buchhandelsverkäufen wegen Lockdown und durch wegfallende Anzeigen von Börsen und Messen. Durch die große Solidarität von Lesern, Autoren und auch langjährigen Weggefährten wie etwa der selbst massiv betroffenen Terraristika in Hamm aber ist es gelungen, fürs Erste diese Zeit zu überstehen. Dafür wollen wir allen Unterstützern herzlich danken, ob sie nun Honorare gestundet oder gar darauf verzichtet haben, Abos abschlossen, Anzeigen schalteten oder für uns Werbung machten. Vor allem Abos bleiben für uns überlebenswichtig, denn so schnell führt wohl kein Weg an den Kiosk zurück. Machen Sie also sehr gerne Werbung dafür, sich die REPTILIA Monat für Monat ins Haus kommen zu lassen, oder, falls Sie selbst noch kein Abo haben: Schlagen Sie zu! Es kostet nicht mehr als zwei Packungen Heimchen im Monat. Herzliche Grüße aus Nafplio,
