Antivenin-Krise in Südafrika

30. Mai 2025

Südafrika steht aktuell vor einer beispiellosen Gesundheitskrise: Die National Health Laboratory Service (NHLS), die zentrale staatliche Einrichtung für die Produktion von Gegengiften (Antivenin) gegen Schlangen-, Skorpion- und Spinnenbisse, hat ihre Vorräte nahezu vollständig aufgebraucht. Grund für den dramatischen Engpass sind umfassende Modernisierungsarbeiten am Produktionsstandort der South African Vaccine Producers (SAVP). Während der Renovierung mussten die Herstellungsprozesse eingestellt werden – mit gravierenden Folgen für das gesamte südliche Afrika.

Wie Experten warnen, sind Millionen Menschen in Südafrika und den Nachbarländern nun einem erheblichen Risiko ausgesetzt. Besonders betroffen sind ländliche Regionen, in denen Schlangenbisse und Skorpionstiche keine Seltenheit sind. Jährlich werden in Südafrika rund 4.000 Schlangenbisse gemeldet, etwa 900 Patienten müssen ins Krankenhaus, rund 100 benötigen dringend Antivenin.

Die NHLS gibt an, die Modernisierung der Produktionsanlagen sei wegen alternder Infrastruktur und wiederholter Stromausfälle unumgänglich gewesen. Verzögerungen bei der Lieferung von Spezialgeräten und strenge regulatorische Anforderungen haben die Wiederaufnahme der Produktion jedoch weiter verzögert. Aktuell ist nur noch Gegengift für den seltenen vorkommenden Biss der Boomslang verfügbar – für die weitaus häufigeren Bisse anderer Giftschlangen (z. B. Puffotter, Schwarze Mamba etc.), Skorpione und Spinnen gibt es keine Vorräte mehr.

Die Folgen sind gravierend: Viele Patienten, insbesondere in armen und abgelegenen Gebieten, haben keinen Zugang zu importierten Gegengiften, etwa zu einem aus Indien, das aber nie für die Anwendung in Südafrika gedacht war. Ein offenbar hervorragendes Antivenin aus Eswatani kann dagegen nicht zur Anwendung kommen, da es noch keine Zulassung besitzt.

Die Krise trifft auch andere Länder, die Gegengifte aus Südafrika importieren, etwa Uganda. In Nachbarländern wie Botswana kam es bereits zu Todesfällen, weil das verfügbare Gegengift aus anderen Ländern nicht wirksam war.

Fachleute fordern die Regierung zum schnellen Handeln auf, um die Versorgung wiederherzustellen und Menschenleben zu retten. Die NHLS hat zugesagt, alles zu tun, um die Antivenin-Produktion rasch wieder aufnehmen zu können.

Die Krise zeigt eindrücklich, wie wichtig eine funktionierende Infrastruktur und vorausschauende Planung im Gesundheitswesen sind – und wie schnell Versäumnisse fatale Folgen haben können.

Ein Warnschild vor Giftschlangen in Afrika.
Noch mehr Vorsicht vor Giftschlangen ist zurzeit im südlichen Afrika angesagt, denn die Antivenin-Vorräte Südafrikas sind aufgebraucht Foto: F Armstrong Photography/Shutterstock

Kriton Kunz (Quelle: Daily Maverick, dailymaverick.co.za)

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